Schon seit geraumer Zeit versuchen wir, bei uns zu Hause unser Leben ein wenig umweltfreundlicher zu gestalten und Müll zu vermeiden. Wir kaufen keine Tüten mehr im Supermarkt, verwenden abbaubares Spülmittel und kaufen einige Produkte auch gerne mal in der Bioabteilung. Sicher könnten wir an der einen oder anderen Stelle noch ein wenig mehr für die Umwelt tun und CO2 einsparen, aber sich umzustellen bedeutet auch immer, die eine oder andere Komfortzone aufzugeben. Naja, wir sind wie gesagt dabei.
Auch in der Grundschule meines Sohnes ist Umweltschutz gerade ein großes Thema. So bekam ich von ihm im vergangenen Monat den hilfreichen Hinweis, dass man alte Zahnbürsten zum Putzen weiterverwenden könne. So so. Der Hinweis kam definitiv aus der Schule, denn mein Mann… na, lassen wir das an dieser Stelle. Jedenfalls kommt es nun häufiger vor, dass mein Mann und ich uns lehrreiche Tipps anhören.
Zugegeben, da sind viele gute Ideen bei, und wir Erwachsenen sind oft viel zu sehr Gewohnheitsmenschen, als dass wir selbst noch den Blick für solche Dinge haben. Und es macht Spaß, von Kindern zu lernen und neue Ideen umzusetzen.
In der vergangenen Woche waren wir uns jedoch zum ersten Mal uneinig.
Es war abends, und wir saßen gemeinsam am Küchentisch und aßen Abendbrot. Ganz traditionell erzählt jeder, wie sein Tag war, was er erlebt hatte und was für den nächsten Tag geplant war. Mein Sohn war nachmittags zuvor mit unseren Nachbarskindern unterwegs gewesen, und ich rechnete mit heiteren Geschichten rund um Fußball, Spielplatz und Fahrradfahren. Aber er verkündete stolz: „Wir haben heute die Umwelt gerettet!“
„Prima“, entfuhr es mir sofort. „Habt ihr Müll gesammelt? Schlimm, dass die Leute ihren Müll überall hin werfen und nicht aufheben.“ Und setzte noch schnell hinzu: „Ihr müsst aber aufpassen. Nicht, dass ihr euch an kaputten Flaschen schneidet.“
„Nein, Mama. Wir haben diese schwarzen Tüten benutzt.“
Aha. Schweigen. Weiteressen.
Schwarze Tüten?
Woher?
Schwarze Tüten?
Schwarze Tüten!
„Ihr habe die schwarzen Tüten für die Hundehaufen dafür genommen?“
„Ja, Mama, da gehört das doch auch rein.“
„Wie bitte? Was genau habt ihr denn gesammelt?“
„Wir haben die Umwelt gerettet und Hundehaufen gesammelt.“
Niemand sagte etwas. Ich war hin und her gerissen. Schimpfen? Loben? Nein, ich schaute automatisch als erstes auf seine Hände. Ganz genüsslich nahm er gerade das Brot in die Hand und führte es zu seinem Mund. Gerade als ich die Frage stellen wollte, war mein Mann schneller: „Du hast dir danach aber die Hände gründlich gewaschen, oder?“
„Na klar. Das machen wir doch immer.“
Immer?
„Wie lange macht ihr das denn schon?“
„Ach, eigentlich fast jeden Tag. Die Hundebesitzer grüßen uns immer und zeigen uns, wo was liegt und lachen dann.“
Ah ja.
Liebe Hundehalter, ich weiß, dass unter Euch viele rücksichtsvolle und aufmerksame Mitmenschen sind. Viele von Euch sehe ich täglich mit ihren Vierbeinern durch unser Dorf laufen. Mit eigenen schwarzen Tütchen. Mal in der Hand, in kleinen Haltern am Gürtel oder gut sichtbar direkt am Hundehalsband. Meine Bitte richtet sich an die anderen Hundehalter. Die, die einfach weitergehen, wenn ihr Hund auf den Gehweg gemacht hat. Die, die sich nicht bücken mögen oder – wie so oft – gerade jetzt kein Tütchen dabei haben und um Ausreden nicht verlegen sind. Die, die ihre Hunde vor den Kindergärten kacken lassen und denen es egal ist, dass eine kleine Kinderhand locker durch den Zaun greifen kann.
Bitte räumt die Hinterlassenschaften Eures Hundes selbst weg. Und macht Euch nicht über eine Gruppe Achtjähriger lustig, die Euren Job machen. Bückt Euch selbst. Denn ich möchte mein Kind mit gutem Gewissen im Dorf spielen lassen und ihn loben, wenn er dann mal ein Stück Müll findet, aufhebt und im Papierkorb entsorgt.
Wir sind Vorbilder für unsere Kinder. Also verhalten wir uns bitte auch so. Weil wir an das Gute glauben, und weil wir uns das Leben so einfach unnötig schwer machen.
11.05.2019